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Organspende: Überblick über die rechtlichen Unterschiede zwischen Frankreich, Deutschland und der Schweiz
Am 17. Oktober fand der Weltorganspendetag statt. Für TRISAN war dies Anlass, zu untersuchen, wie Organspenden in Frankreich, Deutschland und der Schweiz geregelt sind.
Organspenden beruhen auf einem empfindlichen Gleichgewicht zwischen der Achtung der individuellen Autonomie, sozialer Solidarität und Vertrauen in das Gesundheitssystem. Obwohl es keine einheitliche europäische Gesetzgebung zur Organspende gibt, übernimmt die EU eine koordinierende und unterstützende Rolle, um die Praktiken zu harmonisieren und die Sicherheit und Effizienz der nationalen Systeme gemäß der Richtlinie 2010/53/EU über die Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen zu verbessern. Frankreich, Deutschland und die Schweiz verfolgen das gemeinsame Ziel, durch Transplantationen Leben zu retten, doch ihre rechtlichen Rahmenbedingungen weisen erhebliche Unterschiede auf, die sich darauf auswirken, wie potenzielle Spender identifiziert werden und wie die Familie in die Entscheidung einbezogen wird. Dieser Überblick befasst sich ausschließlich mit postmortalen Spenden.
In Frankreich: Widerspruchslösung (Opt-out)
In Frankreich gilt wie in den meisten westeuropäischen Ländern die gesetzliche Regelung der Widerspruchslösung: Jede Person gilt nach ihrem Tod als Organ- und Gewebespender, es sei denn, sie hat zu Lebzeiten ihre Ablehnung zum Ausdruck gebracht (Eintragung in das nationale Ablehnungsregister oder klare Information ihrer Angehörigen). Das Gesetz beruht auch auf den Grundsätzen der Unentgeltlichkeit und Anonymität zwischen Spender und Empfänger. In der Praxis konsultieren die medizinischen Teams systematisch die Familie: Auch wenn das Gesetz auf der registrierten Ablehnung basiert, kann die Ablehnung der Familie in vielen Situationen dazu führen, dass die Entnahme eingestellt wird.
In Deutschland: Zustimmungslösung (Opt-in)
Historisch gesehen funktioniert Deutschland nach dem Prinzip der Entscheidungslösung: Die Entnahme von Organen nach dem Tod ist nur möglich, wenn die Person zu Lebzeiten ihre ausdrückliche Zustimmung gegeben hat (Eintragung in eine Spenderkarte, ein Register oder ein anderer schriftlicher/digitaler Nachweis). Ist keine Entscheidung bekannt, wird die Familie um Zustimmung gebeten, deren Einwilligung entscheidend ist. Die deutschen Behörden führen Informationskampagnen durch und ermutigen dazu, den eigenen Willen klar zu dokumentieren. Laut aktuellen Umfragen geben etwa 44 % der deutschen Bevölkerung an, einen Organspendeausweis zu besitzen.
In der Schweiz: ein System im Wandel
Die Schweiz hatte lange Zeit einen Rahmen, der dem Opt-in-Prinzip (Zustimmungslösung) nahekam. Nach einer Volksabstimmung und jüngsten Gesetzesreformen hat die Schweiz jedoch beschlossen, ein System einzuführen, das dem mutmaßlichen Einverständnis nahekommt: Die Einwohner werden aufgefordert, sich über ein nationales Register zu äußern (Zustimmung oder Ablehnung); ist keine ausdrückliche Stellungnahme bekannt, sieht das Gesetz Regeln für die Entnahme und die Einbeziehung von Angehörigen vor. Das Inkrafttreten und die detaillierten Modalitäten (Alter, ab dem man sich registrieren kann, wie die Bevölkerung informiert wird, endgültige Rolle der Angehörigen bei fehlender Stellungnahme) wurden über mehrere Jahre hinweg geplant, um eine geordnete Umsetzung zu gewährleisten.
Auswirkungen auf die Entnahmeraten
Die wissenschaftliche Literatur kommt zu dem Schluss, dass die Einwilligungspolitik (Opt-in vs. Opt-out) allein nicht ausschlaggebend für die Entnahmeraten ist: Organisatorische Faktoren im Krankenhaus, die Ausbildung der Teams, die Kommunikation mit den Familien, das Vertrauen der Öffentlichkeit und Informationskampagnen sind ebenso entscheidend, wenn nicht sogar noch wichtiger.
Was für Grenzgänger*innen zu beachten ist
Für Grenzgänger*innen zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz oder generell bei Aufenthalte im Ausland ist entscheidend, dass im Todesfall die Gesetze des Landes gelten, in dem der Tot eintritt. Beispielsweise unterliegt ein Franzose, der in Deutschland stirbt, nicht der gesetzlichen Regelung der Widerspruchslösung: Er muss seine Entscheidung dokumentiert haben, wie es der Rechtsrahmen des Landes, in dem er verstorben ist, nämlich Deutschland, vorschreibt. Um die eigene Entscheidung sicherzustellen, ist es deshalb für Grenzgänger*innen ratsam, die Entscheidung in beiden Sprachen zu dokumentieren. Das deutsche Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit stellt dafür den Organspendeausweis in 29 Sprachen kostenlos zum Download zur Verfügung.
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