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Zum Thema Epidemiologie

Die grenzüberschreitende Gesundheitskooperation am Oberrhein in Zeiten der Coronavirus-Pandemie

| Epidemiologie

Die rasche Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 hat die grenzüberschreitende Gesundheitskooperation am Oberrhein vor nie dagewesene Herausforderungen gestellt. Die drei Monate andauernden Grenzkontrollen und Schließung von Grenzübergängen haben nicht nur den Weg zur Arbeit für tausende Pendler, u.a. in Gesundheitsberufen, erschwert. Auch durften Arzttermine oder bereits begonnene Behandlungen im Nachbarland ohne triftigen Grund nicht mehr wahrgenommen bzw. fortgeführt werden.

Um konkrete Lösungen für die angespannte Situation an den Grenzen zu finden, wurde, auf Initiative der Region Grand Est und der diplomatischen Vertretung der Präfektur, ein grenzüberschreitender Krisenstab eingerichtet. Akteure aus dem Gesundheitswesen, Polizei, Eurodistrikte und Verwaltungen auf lokaler, regionaler, nationaler und Bundes-Ebene tauschten sich in diesem Rahmen regelmäßig aus. TRISAN nimmt als Beobachter an den Telefonschalten teil, die ein gelungenes Kommunikationsinstrument für Grenzregionen darstellen.
 

Gemeinsam Leben retten

Ein starkes Zeichen grenzüberschreitender und europäischer Solidarität war in den letzten Monaten vor allem die schnelle und unbürokratische Aufnahme elsässischer Covid-19-Patienten in Krankenhäusern, u.a. in grenznahen deutschen Bundesländern und in den Kantonen der Nordwestschweiz.

Überschattet wurden diese positiven Beispiele der trinationalen Zusammenarbeit jedoch kurzzeitig von der ungenauen und unvollständigen Wiedergabe von Informationen aus dem Bericht des Deutschen Instituts für Katastrophenmedizin zur SARS-CoV-2 Lage in Straßburg in deutschen Medien. Die Landesregierung Baden-Württemberg versicherte in einem Schreiben an den Präsidenten des Oberrheinrats, Josha Frey, dass der Bericht – entgegen den Angaben des Instituts – nicht auf sie zurückzuführen sei und bedauert den Vertrauensverlust auf französischer Seite. Der Landesregierung ist es zudem ein großes Anliegen, „das vertrauensvolle Verhältnis in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit beizubehalten, zu stärken und zukünftig weiter auszubauen“.

Vielen Menschen am Oberrhein werden von den Ereignissen Anfang April aber vor allem die spektakulären Bilder der Krankentransporte im Helikopter oder in Flugzeugen der französischen Armee und der Bundeswehr in Erinnerung bleiben. Doch die deutsche Regierung hilft ihren französischen und europäischen Freunden nicht nur mit dem Transport und der Bereitstellung freier Intensivbetten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zufolge, werden die Behandlungskosten von Covid-19-Patienten aus dem europäischen Ausland aus Bundesmitteln beglichen. Dies sei „unser Verständnis von europäischer Solidarität“, so der Minister.
 

EPI-Rhin kann Infektionsketten grenzüberschreitend nachverfolgen

Seit Lockerung der Maßnahmen in Frankreich und der Öffnung der Grenzen ist die grenzüberschreitende Nachverfolgung bestätigter Covid-19-Fälle eine Herausforderung. Doch am Oberrhein funktioniere dies bereits seit der dritten Maiwoche, so Dr. Emilie Baro, die bei der regionalen Gesundheitsbehörde ARS Grand Est für die Gesundheitsüberwachung zuständig ist. Außerdem ist sie Leiterin des Expertenausschusses EPI-Rhin von der deutsch-französisch-schweizerischen Oberrheinkonferenz (ORK).

EPI-Rhin versammelt seit 2001 die Gesundheitsexperten aus dem Mandatsgebiet der deutsch-französisch-schweizerischen Oberrheinkonferenz. Der Ausschuss unterhält ein grenzüberschreitendes Meldesystem für übertragbare Krankheiten, das seit einigen Wochen aktiviert ist. Die Experten informieren wöchentlich über die Inzidenzrate (Anteil der erkrankten Personen an der Gesamtpopulation) in den Teilregionen am Oberrhein mit Details zu Neubelegungen von Intensivbetten aufgrund von Covid-19 in den Krankenhäusern sowie über grenzüberschreitende Fallgestaltungen zu Covid-19.

Für Peter Zeisberger, Leiter der Arbeitsgruppe Gesundheitspolitik der Oberrheinkonferenz, steht fest: „Kurz nachdem Grenzkontrollen vollständig abgebaut wurden bleibt es wichtig, uns noch intensiver abzustimmen, um dafür Sorgen zu tragen, dass es zur Eindämmung einer möglichen zweiten Infektionswelle des Corona-Virus keiner derartig drastischen Maßnahmen – wie Grenzkontrollen und Schließung von Grenzübergängen - mehr bedarf.“ Um die Strukturen und Kommunikationswege für Notsituationen in Zukunft besser zu verzahnen, soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit – vor allem im Gesundheitsbereich und im Katastrophenschutz – weiter ausgebaut werden. Dies betont Josiane Chevalier, Präfektin des Departements Bas-Rhin und Präsidentin der Oberrheinkonferenz, in einer Mitteilung vom 23. Juni.
 

Apps sollen bei der Kontaktverfolgung helfen

In vielen europäischen Ländern werden derzeit sogenannte Corona-Apps entwickelt. Sie sollen die Arbeit der Gesundheitsbehörden ergänzen. Und so funktioniert’s: Die App benachrichtigt ihre Nutzer, wenn sie sich eine Weile in der Nähe eines infizierten App-Nutzers aufgehalten haben und dieser sein positives Testergebnis mittels eines Codes in der App hinterlegt hat. Dazu tauschen die Smartphones der Nutzer anonymisierte Daten über Bluetooth aus. Zu den erfassten Parametern gehören, wie lange sich zwei Nutzer begegnet und wie nahe sich ihre Mobiltelefone dabei gekommen sind. Je nach Land werden diese Daten entweder zentral oder dezentral, d.h., nur lokal auf den Telefonen der Nutzer, gespeichert.

Die deutsche Corona-Warn-App ist seit dem 16. Juni in den Stores verfügbar. Sie unterscheidet zwischen niedrigem und erhöhten Infektionsrisiko und gibt Handlungsempfehlungen. Die Corona-Warn-App verfolgt wie die Schweizer SwissCovid-App den dezentralen Ansatz. Letztere steht seit dem 25. Juni zum Download bereit, nachdem das Epidemiengesetz entsprechend angepasst wurde. Die Nutzer von SwissCovid werden über eine potenzielle Ansteckung mit Covid-19 benachrichtigt, wenn sie sich für mehr als 15 Minuten am Tag in der Nähe (näher als 1,5 Meter) eines infizierten App-Nutzers aufgehalten haben. Das französische Pendant „StopCovid“ reagiert bei Begegnungen mit weniger als 1 Meter Abstand bei einer Mindestdauer von 15 Minuten. Die App kann bereits seit Pfingsten heruntergeladen werden. Da sie die anonymisierten Daten zentral erfasst, wird sie jedoch von Datenschützern kritisiert.
 

…doch die Technik funktioniert noch nicht grenzenlos

Aber können die Apps auch grenzüberschreitend genutzt werden? Schließlich gibt es gerade am Oberrhein tausende Grenzgänger und auch die Urlaubsaison steht vor der Tür. Damit die verschiedenen nationalen Corona-Apps künftig sicher miteinander kommunizieren können, haben sich die EU-Mitgliedsstaaten mit Unterstützung der EU-Kommission am 16. Juni auf eine Reihe technischer Spezifikationen geeinigt. Dies wird vorerst allerdings nur für Apps mit einem dezentralen Ansatz wie jene in Deutschland und der Schweiz möglich sein. Pendler oder Reisende von oder nach Frankreich, die Kontaktverfolgungs-Apps nutzen wollen, müssten also momentan noch mehrere Apps installieren.

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