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Bürger*innen der Oberrheinregion wünschen sich einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung der Nachbarländer

Zu diesem Ergebnis kommen zwei Befragungen, die das trinationale Kompetenzzentrum für Gesundheitskooperation (TRISAN) im Frühjahr 2022 durchgeführt hat. Insgesamt haben rund 2500 Bürger*innen der Oberrheinregion über ihre Erfahrungen mit dem grenzüberschreitenden Zugang zu medizinischen Leistungen berichtet – im Telefon-Interview oder per Online-Fragebogen. Ein Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse.

Weil sie im eigenen Land lange auf einen Termin warten müssen, aus dem Nachbarland stammen, ihre Muttersprache bevorzugen oder der Weg schlicht kürzer ist – vielfältig sind die Gründe, weshalb die Bewohner*innen der Grenzregion medizinische Leistungen im Nachbarland in Anspruch nehmen. Zwar hat sich bisher nur knapp ein Zehntel der Befragten in einem der Nachbarländer behandeln lassen, doch das Interesse ist groß: 43 % können sich immerhin vorstellen, künftig für ihre Gesundheit über die Grenze zu fahren.

Laut TRISAN-Studienkoordinator Eddie Pradier liefern die Befragungen auch wertvolle Erkenntnisse zu den Patientenströmen am Oberrhein, also in welche Teilregionen sich die Patient*innen begeben: „Wir stellen fest, dass sich die Befragten aus den deutschen Gebieten überwiegend in der Nordwestschweiz behandeln lassen und umgekehrt. Sogar die Bewohner*innen der Südpfalz fahren trotz der größeren Entfernung vornehmlich in die Schweiz, was die zentrale Rolle der Sprache verdeutlicht. Für die französischen Patient*innen hingegen sind Deutschland und die Schweiz als Behandlungsländer ähnlich attraktiv.“
 

Hohe Zufriedenheit trotz Schwierigkeiten

Die Ergebnisse zeigen auch: Viele bewerten ihre Erfahrungen mit den in den Nachbarländern erhaltenen Behandlungen positiv. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen geplanten Eingriff oder um eine Notversorgung, zum Beispiel aufgrund eines Unfalls, handelt.

Dennoch kommt es immer wieder zu Schwierigkeiten. Die Befragten berichten etwa von Problemen bezüglich der Krankenversicherung von Grenzgänger*innen und ihren Angehörigen. Aber auch lange und aufwendige Verfahren für die Kostenerstattung – vor allem auf französischer Seite – beeinträchtigen die Mobilität. Dass die Zugangsmöglichkeiten zur Gesundheitsversorgung der Nachbarländer generell verbessert werden sollten, wünschen sich 52 %.

Die Rückmeldungen der Bürger*innen bilden eine wichtige Grundlage für die grenzüberschreitende Gesundheitskooperation am Oberrhein: „Nur, wenn wir wissen, in welchen Bereichen Probleme oder Bedarfe bestehen, können wir gezielte Maßnahmen planen und Lösungsansätze entwickeln“, so Pradier. Dass die Ergebnisse aber generell ein gutes Funktionieren der Zusammenarbeit bestätigen, freut den Studienverantwortlichen: „Wir sehen oft nur die Probleme, da uns die Bürger*innen meist deswegen kontaktieren. Von daher ist es schön zu sehen, dass Vieles auch gut klappt.“
 

Bestehende Informationsangebote besser bekannt machen

Mehr als 70 % der Befragten fühlen sich laut Studie schlecht über die Zugangsmöglichkeiten zur Gesundheitsversorgung in den Nachbarländern informiert. Dies liege dem TRISAN-Mitarbeiter zufolge jedoch weniger an einem Informationsmangel, sondern daran, dass Betroffene oft nicht wissen, wo sie Hilfe finden können. „Wir haben eine Reihe von zweisprachigen Informationsmaterialien erarbeitet und auf unserer Website www.trisan.org kostenlos zur Verfügung gestellt. Diese erklären im Detail, was Interessierte bei einer Behandlung im Nachbarland beachten müssen. Wer eine individuelle Beratung wünscht, kann sich außerdem an das INFOBEST-Netzwerk oder an die nationalen Kontaktstellen für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung in den jeweiligen Ländern richten“, erklärt Eddie Pradier.

Neben den Versicherten müssten aber auch die Leistungserbringer am Oberrhein (Apotheken, Praxen, etc.) verstärkt für grenzüberschreitende Fragestellungen sensibilisiert werden: Wie funktioniert die Abrechnung, wenn Patient*innen im Ausland versichert sind? Kann ein Rezept aus dem Nachbarland eingelöst werden? Dies sind einige Aspekte eines grenzüberschreitenden Versorgungsangebots am Oberrhein, denen sich das TRISAN-Team auch in Zukunft widmen möchte. 

Die vollständigen Ergebnisse der beiden Befragungen finden Sie hier.
 

Hintergrund

Die beiden Befragungen fanden im Rahmen des INTERREG-Projekts „Trinationaler Handlungsrahmen für eine grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung am Oberrhein“ (2019-2023) statt. Das von der Europäischen Union geförderte Projekt wird von TRISAN koordiniert und hat unter anderem zum Ziel, eine trinationale Strategie für die Entwicklung der Gesundheitskooperation am Oberrhein herauszuarbeiten.

Daten und Fakten zu den beiden Umfragen

Befragung 1

  • Methode: Telefonische Befragung (CATI) durchgeführt von der Firma Decryptis
  • Stichprobengröße: n = 2 014 Personen ab 25 Jahren in der Oberrheinregion (Baden, Südpfalz, Elsass, Nordwestschweiz), verteilt auf circa 500 Personen in jedem der vier Eurodistrikte (PAMINA, Region Freiburg / Centre et Sud Alsace, Strasbourg-Ortenau, Trinationaler Eurodistrikt Basel)
  • Zielgruppe: Bevölkerung in einem 20 km-Radius entlang der Grenze (nur Oberrhein-Teilregionen) ab 25 Jahren
  • Durchführung: vom 21. März bis 5. Mai 2022

Befragung 2

  • Methode: Offene Online-Befragung
  • 501 Teilnehmende ab 18 Jahren aus der Oberrheinregion
  • Zielgruppe: Bevölkerung in den Oberrhein-Teilregionen ab 18 Jahren
  • Durchführung: vom 9. März bis 15. Juni 2022
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